Am 01. Oktober 1990 erblickte die zierliche Paquette das Licht der Welt. Die liebevolle Mutter war in zu großen Schmerzen von der schweren und holprigen Geburt und so entschied das Oberhaupt der Familie, dass der Name des sanft schreienden Babys Chenoa sein sollte - Die Bedeutung des Names ist Taube, Friedensbringer. Der kleine Schreihals wollte und konnte sich in den ersten Stunden nicht beruhigen, denn die Mutter fiel sofort in einen tiefen und erholsamen Schlaf, sodass der Vater mit Müh und Not versuchte die später temperamentvolle Schönheit zu beruhigen. Erst spät am nächsten Morgen hielt ihre Stimme inne, denn mit der ersten Berührung ihrer Mutter verstummte sie und all der Schmerz schien für beide vergessen zu sein, sie fanden gemeinsam ihren Frieden. Die Entwicklung von Chenoa war ausgezeichnet und zwischen ihren Geschwistern konnte sie mit Ehrgeiz und Mut strahlen. Man merkte ihr schnell die große Verbundenheit zu ihrer Familie an und sie setzte nicht einen Schritt ohne dabei einen ihrer Familienmitgliedern zu folgen. Beim herumtoben und tollen mit ihren Geschwistern verstand sie sich Blind mit ihrem Zwillingsbruder und hin und wieder wirkte es so, als seien die beiden zusammen unsterblich. Sie sah stets zu ihren Brüdern auf, doch vor allem die Mutter wurde zu ihrem größten Vorbild in Kinderjahren. Als Stammesmitglied ist auch sie in einer großen Verbundenheit zu der Natur aufgewachsen und sie schätzte stets alles, was sie hatte.
Nachdem ihr Vater den älteren Jungs schon beigebracht hatte, wie man mit einem scharfen Messer und einem Stück Holz schnitzen konnte, wollte sie auch eifrig lernen - doch das schnitzen sollte ihr die erste Zeit verwehrt bleiben. Stattdessen zog die Mutter sie unter ihre Arme und brachte ihr das Flechten der Haare bei und wie man aus den winzigsten Beeren und Blättern Farben schöpfen konnte. Trotzdem konnte sie die Finger nicht von dem Schnitzen lassen und so zog ihr Vater sie eines Nachts zu sich herüber und zeigte ihr im heimlichen, wie man wenigstens mit einem Messer umging. Die Jahre vergingen und ihre Interesse an scharfen Gegenständen sollte verschwinden, denn sie übte sich in feminineren Sachen und fand großen gefallen an der Kräuterkunde und dem Heilen kleinerer Wunden. Da allerdings nicht ständig ein aufgescheuertes Knie vorhanden war, schickte sie hin und wieder ihre Geschwister aufeinander los, sodass sie weiter an ihnen Üben konnte. Obwohl sie lieber weiter ihrer Mutter unter die Arme greifen wollte, zog es auch sie zum schulischen Unterricht. Die erste Zeit unterrichtete der Stamm sie und ihre Geschwister, doch im Alter von elf Jahren wechselte sie mitsamt ihrem Zwilling auf eine staatliche High School in Vancouver. Ein geringer Kulturschock ging mit dem Wechsel ein, doch sie fand sich gut in den Reihen der beliebteren Mädchen wieder - sah sie sich nicht gezwungen sich vollkommen zu verändern. Chenoa war eigenständig, wild und eine wahre Schönheit. Doch ihre Nähe sollte den anderen Jungen verwährt bleiben, ließ sie sich nicht aufs äußere reduzieren und hatte auf der einen Seite große Angst, dass der Stamm keinen Jungen an ihrer Seite akzeptieren würde.
So lebte sie weiter und verstand sich immer bester an der High School wieder, denn in dieser Zeit wurde sie von anderen Mädchen beeinflusst, welche nicht ganz den Sinnen der Indianern folgten. So kam es, dass es an manchen Wochenenden wilder zuging und der Alkohol plötzlich eine gute Rolle spielte, doch erst in späteren Jahren. Im Gegensatz zu ihrem Bruder konnte sie seine gefährliche Liebe zu Schusswaffen nicht teilen und blieb bei ihren heilenden Händen. Innerhalb des Stammes sagte man ihr schon mit 14 Jahren zu, dass sie einst die Heilerin des Stammes werden würde. Ihr Vater nahm sie trotzdem auf die ein oder andere kleine Jagd mit und drückte ihr einen Speer in die Hand, mit welchem sie ziemlich gut umgehen konnte. Es war eine gescheite Waffe und doch wirkte sie blitzschnell und unberechenbar - genau wie Chenoa selbst. Als sie eines Tages allerdings wahrhaftig einen Hasen im Hinterlauf durchbohrte, schnappte sie sich den verblutenden Hasen und rettete ihn innerhalb der ersten Stunde. Obwohl ihr Vater von ihr verlangt hatte, den Hasen sterben zu lassen, konnte sie nicht anders. Der verletzte Hase wurde von ihr aufgepäppelt und fand in ihrem Zimmer ein neues und behütetes zu Hause. Während ihr Zwilling also ein anderes Ziel verfolgte, folgte sie ihrem Herzen und versuchte alles zu retten, was in ihre Finger fallen konnte. Dabei verließ sie sich vollkommen auf die Kräuterkunde ihres Stammes und setzte nur selbst erstellte Medikamente ein - diese entwickelte sie mit den Ältesten des Stammes.
Ihre schulischen Aktivitäten sollten schließlich unter ihren Angewohnheiten leiden und das erste Gespräch mit dem Direktor verpasste ihr solch einen Schock, dass sie sich eigenständig einen Nachhilfelehrer suchte. Dieser war ein älterer Schüler aus der High School, welcher bisher immer sehr unscheinbar und unerreichbar schien. Während den ersten Treffen stand die Schule im Mittelpunkt und Chenoa erfuhr nichts weiter, als seinen Namen und sein liebstes Fach. Nach den ersten Monat allerdings fand sie es schwer sich zu konzentrieren und viel lieber suchte sie seine Blicke, welche hin und wieder erwidert werden sollten. Wochen danach schnappte sich der ältere Schüler ihr Gesicht und drückte ihr schließlich ihren ersten Kuss auf die Lippen. Das dadurch entfachte Feuer sollte dafür sorgen, dass aus dem Nachhilfelehrer plötzlich ein Liebhaber und fester Freund wurde. Seine Kultur entsprach nicht dem Stamm und seine reiche Familie wirkte doch hin und wieder wie ein Hindernis, denn sobald sie ihn besuchte, musste sie sich in andere Kleidung hüllen und etwas erfahrener wirken. Trotzdem liebte sie ihm mit vollem Herzen, verbrachte all ihre ersten Male mit ihm und wollte ihn schließlich als Mann haben. Doch als auch ihr Vater ihr einen gewissen Druck machte, wich ihr liebevoller und doch arroganter Freund zurück. Er wich soweit zurück, dass sie eines Tages vor einem leeren Haus stand. Er war einfach fort, spurlos und ohne ein weiteres Wort. Ihr gebrochenes Herz war schwer und die große Misslage ihres Bruders sollte nicht dabei helfen - sie zog sich weiter zurück und fokussierte sich auf die fortan wichtigen Sachen im Leben.
Nach der Schule fand sie sich im Reservat wieder. Sie ging in die Lehre der ältesten Heilerin und wurde weiter gebildet. Ihr Schmerz drang tief in ihr Herz und so wirkte sie stets etwas gebrochen, gab sie es nach außen auch nicht zu. Mittlerweile spart sie das wenige Geld für eine eigene kleine Praxis im Reservat, sodass auch größere Wunden und schwerwiegende Krankheiten geheilt werden können. Aus der ehemaligen Liebe wurde die Suche nach dem Mann, welcher ihr das Herz aus der Brust riss. Doch für den Moment wiegt sie sich in Sicherheit vor den Klippen der Welt, schließlich hat sie ihre Familie.